Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

17.05.2009   01:03   +Feedback

Der Roger, die Heidi und die Uiguren

Bei Saturn und bei Media Markt werden seit kurzem TV-Geräte mit einer speziellen Vorrichtung angeboten, einer Sperrtaste, die man programmieren kann. Wenn Sie, sagen wir, auf Dirk Bach, Hugo Egon Balder oder Iris Berben allergisch sind, können Sie diese Namen eingeben und bleiben fortan von ihren Negativ-Favoriten verschont. Die Geräte schalten automatisch auf ein anderes Programm um, sobald die jeweilige Person im Bild erscheint.

Schade, dass es diese großartige Erfindung nicht schon eher gegeben hat, als Roger Willemsen noch öfter im TV zu sehen war. Hatte er früher mit seiner chronischen Schwatzhaftigkeit dafür gesorgt, dass die Milch im Kühlschrank sauer wurde, so verlegte er sich nach seinem Abschied vom Fernsehen, den er mit der zunehmenden Verflachung desselben begründete, auf Ferkeleien, über die nicht einmal die St. Pauli Nachrichten in ihren wildesten Jahren berichtet hätten. U.a. plauderte er beim heiteren Flaschendrehen mit Charlotte Roche und drei weiteren Giganten des Zeitgeistes über seinen ersten Analverkehr und benutzte die Toilette für eine Fusswaschung. http://www.welt.de/vermischtes/article993653/Wenn_Roger_Willemsen_ueber_Sex_plaudert.html

Inzwischen ist der promovierte Witwenschüttler noch tiefer gefallen: Er schreibt in der taz darüber, was er mit Heidi Klum anstellen würde, wenn man ihn nur ließe: “Da möchte man dann elegant und stilsicher, wie der Dichter sagt, sechs Sorten Scheiße aus ihr rausprügeln - wenn es bloß nicht so frauenfeindlich wäre.” Man merkt dem kurzen Text die sprachliche Kompetenz seines Verfassers und dessen Verwurzelung im abendländischen Humanismus an: http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=me&dig=2009/05/16/a0142&cHash=9c6069ca9d

Wäre Heidi freilich eine Gefangene in Guantanamo, würde Roger mit ihr anders umspringen. Wie es der Genosse Zufall will, hat er fast zeitgleich mit seinem Vorschlag zur Resozialisierung der “schönsten Hexe der Welt” (stern) dem Deutschlandfunk ein Interview gegeben, in dem er die Aufnahme von neun uigurischen Häftlingen aus Guantanamo in Deutschland forderte - natürlich ohne sich als deren Gastgeber und Bewährungshelfer anzubieten, denn erstens gelte für die Opfer der US-Willkür die “Unschuldsvermutung” und zweitens “ist ja auch kein einziges Beispiel bis jetzt bekannt von jemandem, der straffällig geworden wäre, nachdem er aus Guantanamo entlassen wurde”. http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/965483/

Nun ja. Was Roger eigentlich sagen wollte, war: “MIR ist kein einziges Beispiel bekannt…”, denn es gibt zumindst Anzeichen, dass einige der Freigelassenen doch rückfällig wurden, ohne dies vorher dem Roger anzukündigen. Das Pentagon spricht von 61 Fällen, aber wer dem Pentagon glaubt, der hat einen an der Waffel.
http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2009-09/artikel-2009-09-gesucht-haeftling-mit-weisser-weste.html

Roger dagegen glaubt nicht an die Pentagon-Propaganda und bringt das mit folgen Sätzen zum Ausdruck, die zwar komplett wirr sind, deren Subtext aber vollkommen klar ist: “Mir scheint es obszön zu sagen, wir haben jeden Abend einen Film über Hitlers Poesiealbum, aber bestehende Lager, bestehende Foltermethoden behandeln wir mit einer Indifferenz, die man wirklich als Fortsetzung solcher Institutionen verstehen muss.” Dass die Basis die Grundlage des Fundaments ist, das wussten wir schon. Jetzt wissen wir auch, die Indifferenz ist die Fortsetzung der Lager, über die schon Hitler Gedichte geschrieben hat.

Wer so redet, der wäscht sich auch die Haare in der Kloschüssel.

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