Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena
19.04.2012 18:01 +Feedback
Noch vor ein paar Wochen wusste kaum jemand in Deutschland, wofür der Begriff Salafismus steht. Nun wissen es alle: eine radikale Strömung im ansonsten friedlichen Islam. Einer der aktivsten Salafisten ist ein Mann namens Pierre Vogel, er stammt aus Köln, der Metropole des rheinischen Frohsinns. In seinem früheren Leben war er Boxer, dann fand er seinen Weg zu Allah, und nun möchte er, dass ihm alle folgen.
Denn: «Allah sagt im Koran: Wer sich eine andere Religion als den Islam wünscht, der wird von IHM niemals angenommen werden, und er wird im Jenseits zu den Verlierern gehören [.?.?.] Wir wünschen jedem das Beste, und das Beste ist, dass er den Islam annimmt, denn ansonsten wird er für Ewigkeit in die Hölle gehen [.?.?.] Wir werden sowieso siegen. Ihr sollt keine Angst vor der Islamisierung haben, ihr sollt Angst davor haben zu sterben, ohne den Islam anzunehmen [.?.?.] Der Islam ist im Kommen. Er wird sowieso kommen [.?.?.] Wir sind voll entschlossen, diese Sache bis zum Ende durchzuführen. Das ist keine Drohung, das ist eine Warnung im friedlichen Sinne.»
Bis vor kurzem konnte man Pierre Vogel mit diesem Statement auf Youtube sehen und hören. Dann wurde das Video «vom Nutzer entfernt». Denn die Salafisten wissen, was sie tun: nötigen, erpressen und bedrohen. Aber sie tun es für einen guten Zweck: um die Menschen, in diesem Fall die ungläubigen Deutschen, davor zu retten, in der Hölle zu landen. Deswegen verteilen sie an den Wochenenden in vielen deutschen Städten den Koran. Als Geschenk. 300?000 Exemplare des heiligen Buches haben sie bereits unter die Leute gebracht, am Ende der Aktion sollen es 25 Millionen werden.
Der Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime in Deutschland, des Dachverbandes der islamischen Verbände, sieht in der Aktion kein Problem. Es sei «grundsätzlich erlaubt, religiöse Schriften und damit auch den Koran zu verteilen», das sei so ähnlich, als würde man die Bibel verteilen – ausser natürlich in Saudi-Arabien oder in Pakistan.Ein Sprecher der evangelischen Kirche dagegen hat davor gewarnt, das Buch nach der Annahme achtlos wegzulegen. So etwas könnte als Missachtung verstanden werden. Und da hört für die Salafisten der Spass auf.
Erschienen in der Weltwoche vom 19.4.12
Siehe auch:
Kleine radikale Minderheit
http://www.3sat.de/mediathek/?display=1&mode=play&obj=30513
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