Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena
25.06.2011 12:39 +Feedback
Die Antisemitismusdebatte, die derzeit in Deutschland geführt wird, hat viele gute Seiten. Erst einmal ist es gut, dass sie überhaupt geführt wird. Noch besser ist, dass einige Polit-Kretins, wie der Chef der Linkspartei, die Gelegenheit genutzt haben, sich zu entleiben, indem sie die Diskussion par ordre du mufti abzuwürgen versuchten: Gabs nicht, gibts nicht, kann es nicht geben! Zu behaupten, Linke könnten von Natur aus keine Antisemiten sein, ist so lustig, als würde jemand darauf bestehen, Linke hätten von Natur aus keine Schweißfüße. Noch lustiger wird es nur, wenn ein paar Mumien aus der linken Szene immer wieder daran erinnern, sie seien “Antifaschisten” und würden an Demos gegen die NPD teilnehmen. Um gleich hinterher mit den Antifas der Hamas und der Hisbollah gegen den Faschismus in Israel zu demonstrieren.
Das beste an der Debatte aber ist: Der Oberguru der akademischen Antisemitismusforschung, Wolfgang Benz, hat sich nicht zu Wort gemeldet. Das Letzte, was wir von ihm gehört haben, war eine Unterhaltung mit einer Reporterin des Tagesspiegels, der er anvertraute, er sei wieder “Zeithistoriker” und kümmere sich nun um die “Musealisierung der DDR”.
Nun ist Benz nur noch pro forma Chef des Zentrums für Antisemitismusforschung. Seine Nachfolgerin tritt ihr Amt im Juli an. Aber da gibt es noch ein paar andere Experten, die im achten und neunten Stock des Telefunken-Hochhauses am Ernst Reuther Platz herumwieseln und auf ein Zeichen der neuen Leiterin warten, aus dem Stand-by-Modus auf “Dienst nach Vorschrift” umzusteigen. Auch von ihnen war letztens nichts zu hören. Das ist so, als würde sich das Robert Koch Institut inmitten einer Epidemie geschlossen in den Urlaub abmelden.
Dafür gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder haben die Pappnasen vom ZfA nix zu sagen oder sie wollen nix sagen, um sich nicht festzulegen. Als gute Wissenschaftler brauchen sie für eine belastbare Analyse eines Phänomens etwa 20 bis 40 Jahre. Irgendwann zwischen 2030 und 2050, wenn auch die Energieversorgung komplett auf Sonne, Wind und Wasser umgestellt wurde, wenn sie uns erklären, was 2010/2011 in der Bundesrepublik los war.
Unter anderem das: Der Leiter eines wissenschaftlichen Instituts für Antisemitismusforschung gibt einer antisemitischen Website ein Interview und merkt nicht, mit wem er sich unterhält. Herzlichen Glückwunsch zur Pensionierung, Prof. Benz!
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