Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

13.04.2009   11:18   +Feedback

Around the Mall 16

Geht man, aus nördlicher Richtung kommend, links um das Weisse Haus herum in Richtung Süden, also auf das Tidal Basin zu, bemerkt man in gebührendem Abstand zum Wohnsitz der Obamas eine Reihe von mobilen Geschäften, in denen wie auf einer Kirmes Eis, Soft Drinks und Hot Dogs verkauft werden. Denn: Wenn die Amis an einer Angst leiden, dann ist es nicht die Angst vor dem Kommunismus, dem Terrorismus, der Inflation, den Tornados und dem Klimawandel, sondern dass sie während eines Spaziergangs verhungern und verdursten. Deswegen gibt es überall, wo mehr als drei Amis zusammenstehen, etwas zu essen und zu trinken. Ich finde das extrem sympathisch, weil es einem das Zubereiten und Mitnehmen von Klappstullen erspart.

Zwischen den Imbiss-Wägen steht ein junger Mann mit einem Bauchladen. Auch das ist in Washington nicht ungewöhnlich, denn die Bauchläden-Verkäufer sind noch mobiler als die geparkten Hot-Dog-Buden.

Der junge Mann heisst Rick und ist etwa 25 Jahre alt. Er trägt ein weisses T-Shirt mit dem Aufdruck “I love Obama”, wobei das “love” mit einem roten Herzen dargestellt wird. Er verkauft Obama-Devotionalen. Halbliterflaschen abgefüllt mit Obama-Schweiss, kleine Handtücher mit dem Abdruck von Obamas Gesicht, die wie eine Mini-Ausgabe des Turiner Grabtuchs aussehen, in Plastiktütchen verpackte Splitter von dem Pult, an dem Obama seine Acceptance-Speech beim Parteitag der Demokraten gehalten hat, Obama-Kompasse, die immer dorthin zeigen, wo sich Obama gerade befindet und kleine Tupperware-Dosen mit einer weissen, glibberen Flüssigkeit drin, die gerade den Boden bedeckt. “Wenn Sie das einnehmen, werden Sie garantiert schwanger”, sagt Rick zu der jungen Frau, die vor ihm steht, “wenn nicht, bekommen Sie nach neun Monaten Ihr Geld zurück”.  Die junge Frau lacht, ihr Begleiter macht ein Gesicht, als wäre er gerade Boris Becker in der Wäschekammer begegnet.
Aber die junge Frau mag nicht, zwanzig Dollar sind ihr zuviel, und Rick lässt nicht mit sich handeln.
Rick ist aus Australien eingeflogen. Er arbeitet für die ABC, Australian Broadcasting Corporation und dort wird demnächst auch eine Dokumentation über die Amis und deren Obamania zu sehen sein.

Permanenter Link

Achgut  Ausland  

Die Achse des Guten