Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

03.03.2009   21:25   +Feedback

Besorgst dus mir, besorg ichs dir

Rechtsanwalt Orkun Sahin teilt uns im Namen des Berliner Hauses der Kulturen folgendes mit:

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir vertreten die Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH, Schöneberger Straße 15, 10963 Berlin. Ord­nungs­ge­mäße Be­vollmächtigung versichern wir und reichen wir auf Verlan­gen nach.

Auf der von Ihnen betriebe­nen Internet-Seite “www.achgut.com” ist der Beitrag “In memoriam Ayatollah Khomeini” des Gastautors Jörg Rens­mann vom 22. Februar 2009 veröffentlicht, der sich kritisch mit der im Haus der Kulturen der Welt im Rahmen der Thementage “1989 - Glo­bale Geschichten” am 20. Febru­ar 2009 ausgerichteten Veranstaltung “Iran: Kriegsende, Fatwa und Führertod” auseinandersetzt. Das Haus der Kulturen der Welt ist ein Geschäftsbereich unserer Man­dantin.

In dem Beitrag heißt es u.a.:
“Dazu muss man wissen, das das Haus der Kulturen der Welt eingestandenermaßen im Vorfeld der gestrigen Veranstaltung mit dem iranischen Regime zusammengearbeitet hat, es hat sich vom staatlichen iranischen Fernsehen Filmbilder zur Präsentation organisieren las­sen.”

Abgesehen davon, daß unserer Mandantin das behauptete “Eingeständnis” nicht be­kannt ist, wiegt der Vorwurf einer “Zusammenarbeit mit dem iranischen Re­gime” verständlicher­weise schwer. Daß er geeignet ist, unsere Mandantin zu diskreditieren, wer­den Sie nicht in Abrede stellen. Woher der Autor seine vermeintlichen Er­kenntnisse nimmt, kann unse­rer Mandan­tin schlechterdings nicht nachvollziehen.

Wir möchten dieses Schreiben nicht mit unnötigen Rechtsausführungen überladen. Ihnen dürfte be­kannt sein, daß die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehaup­tungen wie der oben zitierten unter dem Gesichtspunkt des rechtswidrigen Eingriffs in das allgemeine Per­sön­lich­keits­recht, in den eingerichte­ten und ausgeübten Geschäftsbetrieb sowie der Kre­dit­gefährdung unzulässig ist und beseitigungs-, unterlassungs- und schadensersatz­pflich­tig macht. Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang nur vorsorglich erwähnen, daß der Äu­ßernde/Verbreitende das Ri­siko für die Unrichtigkeit der geäußerten/verbreiteten Behaup­tung trägt.

Wir betonen an dieser Stelle, daß unserer Mandantin an rechtlichen Aus­ei­nandersetzun­gen ebensowenig gelegen ist wie daran, Kritiker mund­tot zu machen. Un­se­re Mandantin ist bemüht, politische, gesellschaftli­che und kulturelle Themen sachgerecht zu be­handeln. Berechtigter Kritik stellt sie sich. Indes entbehrt der hier an Sie ge­richtete Vorwurf jedwe­der Grundlage. Wir haben daher ebenso deutlich zum Aus­druck zu brin­gen, daß unsere Mandantin nicht hinzunehmen gewillt ist, daß sie durch un­wah­re Äußerungen wie der vor­liegenden in der Öffent­lich­keit in ein falsches Licht gerückt und ihr Ruf un­ter­gra­ben wird.

Unserer Mandantin ist vornehmlich an einer zügigen und gütlichen Beendi­gung dieser An­gelegenheit gelegen. Um dies zu fördern - und als Zeichen ihres guten Willens -, sieht sie von der Geltendmachung ihrer Unterlassungs- und Kostenerstattungs­ansprü­che einst­wei­­­len ab. Voraussetzung hierfür ist, daß Sie dafür Sorge tragen, daß die beanstandete Pas­sa­ge aus dem in Rede stehenden Beitrag unverzüglich, spätestens jedoch bis zum Ablauf des 3. März 2009, aus Ihrem Forum entfernt wird. Ferner erwar­tet unsere Man­dantin die Veröffentlichung eines entsprechenden Widerrufs in Ihrem Forum, die Sie binnen gleicher Frist zu unseren Händen nachweisen mögen. Wir hoffen und sind zuversichtlich, daß der Vorgang auf diese Weise seine Erledigung findet.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Sahin, Rechtsanwalt

Weil man auf eine höfliche Bitte höflich antwortet, habe ich RA Sahin folgendes geschrieben:

sehr geehrter herr sahin,
danke für ihre mail.
ich komme ihrer aufforderung gerne entgegen, stelle ihre mail online und setze den o-ton bzw. die abschrift eines interviews dazu, das eine sprecherin des hauses der kulturen dem rbb-inforadio gegeben hat, in dem sie über die zusammenarbeit mit dem staatlichen fernsehen berichtete, um das gewünschte filmmaterial zu bekommen. wie sie sicher wissen, wird das iranische fernsehen von der iranischen regierung kontrolliert. in diesem zusammenhang von einer “zusammenarbeit mit dem iranischen regime” zu sprechen, ist nicht nur inhaltlich richtig, sondern auch extrem zurückhaltend. sie vermeiden in ihrem schreiben auch jeden hinweis darauf, wie das HdK an das filmmaterial gekommen ist - wenn nicht durch die zusammenarbeit mit einer agentur des regimes. kam es vielleicht von human rights watch? von amnesty international? oder den weight watchers?

geben sie uns bitte bescheid, ob sie mit einer solchen lösung einverstanden sind. ich werde dann das notwendige veranlassen.
mit besten grüßen
broder

Tatsächlich hatte Ute Büsing, die auch für das HdK arbeitet (http://www.hkw.de/de/hkw/gebauede/50/2002.php) in einem Beitrag für das info-Radio des RBB die Projektleiterin der Thementage des HdK, Dr. Susanne Stemmler, interviewt. Das Gespräch wurde am 19.2.2009 mehrmals auf inforadio des rbb gesendet. In diesem Gespräch sagte Frau Dr. Stemmler u.a. folgendes:

„In China haben wir die Situation, es ist ein sehr repressives System, dann kann man natürlich nicht auf die Nachrichten des staatlichen chinesischen Fernsehens zugreifen. Im Iran wiederum, wo wir es auch mit einer schwierigen politischen Situation zu tun haben, da hat das staatliche iranische Fernsehen uns geholfen mit Bildern.“ Hier das Gespräch im O-Ton.

Nett gesagt. Schwierige politische Situation. Oppositionelle werden verfolgt, Baha’i einkekerkert, Homosexuelle aufgehängt und Ehebrecherinnen gesteinigt. Aber sonst ist für Frau Dr. Stemmler, die Projektleiterin der Thementage, alles in Ordnung. Hauptsache, das staatliche iranische Fernsehen stellt dem Haus der Kulturen Bilder zur Verfügung. Dennoch kann von einer “Zusammenarbeit mit dem iranischen Regime” keine Rede sein. Es handelt sich nur um einen Fall von Kooperation. Besorgst dus mir, besorg ichs dir. Noch Fragen, Rechtsanwalt Sahin?

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