Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena
01.09.2008 00:41 +Feedback
Mein alter Freund Abi Melzer, der größte Verleger aller Zeiten (GRÖVAZ), ist spurlos verschwunden. Was für sich genommen weder bemerkenswert noch bedauernswert wäre, wenn er mir nicht noch Geld schulden würde. Nein, ich meine nicht das Honorar für mein Buch “Wer hat Angst vor Pornografie?”, das 1970 von Abi verlegt wurde, ich meine die Anwalts- und Gerichtskosten für den Prozess, den Abi und sein Starautor Hajo Meyer (“Das Ende des Judentums”) gegen mich geführt haben und das mit einer fetten Niederlage für Abi und Hajo vor dem OLG Frankfurt/M. endete. Kurz danach hat Abi seinen Verlag an einen Mitarbeiter übergeben und ist abgetaucht. Zuletzt wurde er auf einer Palästina-Demo auf dem Frankfurter Römer gesehen, in Begleitung von Prof. Dr. Micha Brumlik.
Nachdem auch ein Gerichtsvollzieher erfolglos umkehren musste, habe ich Freunde, die in der Nachbarschaft von Abi wohnen, gebeten, mal bei ihm vorbeizuschauen.
Gestern bekam ich diese Nachricht: “Abi ist übrigens hier nicht mehr aufzutreiben. In seinem Haus habe ich nur den Hinweis ‘unbekannt verzogen’ bekommen, Namensschild ist abgehängt und die Chanukkiya, die Jahre im Fenster stand, ist auch nicht mehr da. Hast Du ihn wirklich erfolgreich in die Flucht geschlagen? Ich werde hoffentlich morgen abend die Leiterin der hiesigen Bibliothek treffen. Die kennt ihn (gut). Vielleicht weiß sie ja, wo er steckt.”
Sieht aus, als ob Hajo Meyers “Ende des Judentums” Abi kein Glück gebracht hätte. Hajos nächster Bestseller könnte heißen: “Das Ende von Abi”, falls er dafür einen Verleger findet.
Richtig fies an der Geschichte ist, dass Abis alte Freunde für ihn keinen Finger krumm machen, geschweige denn in die Tasche greifen wollen. Hajo könnte es sich leisten, Rupert auch. Nicht einmal das Dortmunder Grammatik- und Rechtschreibgenie, das immer mit seinem jüdischen Freund Abi eine Riesenwelle angegeben hat, ruft zu einer “Rettet-Abi-Aktion” auf. Undank ist der Welten Lohn. Der Jud hat seine Schuldigkeit getan, der Jud kann untergehen.
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