Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

28.09.2008   23:59   +Feedback

Von Abi lernen

herrn
prof. dr. rolf verleger, lübeck

sehr geehrter herr prof. verleger,
falls dieser leserbrief in der FAZ tatsächlich von ihnen geschrieben wurde:

=Arno Lustiger sieht in seinem Artikel “Kurzer Lehrgang über den Selbsthass” (F.A.Z.-Feuilleton vom 18. September) nur eine mögliche Ursache für Kritik von Juden an Israels kurzsichtiger Politik: Selbsthass. Er setzt also Selbstkritik mit Selbsthass gleich. Nun ist aber Selbstkritik zutiefst in unserer jüdischen Tradition verankert, sowohl in Witzen als auch im ernsthaften Ablegen von Rechenschaft. Jedes Jahr an Jom Kippur, dem Tag der Sühne, schlagen wir uns an die Brust und beschimpfen uns: Aschamnu, Bagadnu, Gasalnu . . . Wir sind schuldig geworden, wir haben verraten, wir haben geraubt . . . Diese Gewohnheit, 0über uns selbst und unsere Taten nachzudenken, ist ein Grund für unsere jüdische Einsicht, dass das Lernen und die Diskussion um den richtigen Weg ein Wert an sich ist. Die Tradition der Selbstkritik ist daher eine wichtige Quelle für die Vielfalt und den Erfolg jüdischen Geisteslebens.

Entgegen der bei Lustiger aufscheinenden antiintellektuellen Attitüde gilt daher: Wir Juden können stolz sein auf die von ihm geschmähten Stimmen von Noam Chomsky, Abraham Melzer, Alfred Grosser, Hajo Meyer. Das sind Menschen, die die jüdische Tradition des kritischen Hinterfragens hochhalten. Es sind dies auch Menschen, für die Moral mehr bedeutet als das Wohlergehen des eigenen Stamms. Das Judentum sah sich einmal als ein Leuchtfeuer, das die göttliche Ethik für alle Welt sichtbar macht. Wo ist dieser Anspruch heute geblieben, wenn es egal geworden sein soll, was wir den Palästinensern angetan haben? Wenn wir das Judentum bewahren wollen, brauchen wir nicht weniger Selbstkritik, sondern noch mehr. Professor Dr. Rolf Verleger, Lübeck - Text: F.A.Z., 27.09.2008, Nr. 227 / Seite 17=

wäre ich ihnen sehr dankbar, wenn sie mir mitteilen könnten, wo sich der von ihnen so gelobte abraham melzer derzeit aufhält, der vor lauter engagement für die unterdrückten und mißhandelten palästinenser nicht dazu kommt, seine prozessual verursachten schulden zu bezahlen, nachdem sein erfolgsautor hajo meyer, den sie ebenfalls zu den intellektuellen vorbildern zählen, abis abenteuer nicht weiter finanzieren will. eine pfändung, die mein anwalt veranlasst hat, ist erfolglos geblieben, nachdem sich melzer beim einwohnermeldeamt abgemeldet hat, um dem gerichtsvollzieher zu entgehen. als gesetzestreuer jude, der die jüdische tradition des kritischen hinterfragens hochhält, werden sie so ein verhalten sicher nicht billigen.
für eine information, die auf wunsch vertraulich behandelt wird, wären mein anwalt, dr. hegemann, und ich ihnen sehr verbunden.
mit einem herzlichen schana tova nach lübeck und in die welt
ihr b.

 

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